Maria Lenssen (17. Juli 1836 - 1. März 1919)
Pionierin der gewerblichen Frauenbildung

(Im Auftrag der Gladbacher Bank AG hat die Histoikerbüro Düsseldorf GbR eine Biographie über Maria Lenssen geschrieben, Band 23 der Reihe „Zeugen städtischer Vergangenheit“.)

Strickfrau von Rheydt – diesen liebevollen Spitznamen gaben die Rheydter ihrer späteren Mitbürgerin Maria Lenssen vor über hundert Jahren. Heute klingt das im ersten Augenblick nach einer älteren Dame im Schaukelstuhl, die mit Stricknadel und Wollknäuel ausgerüstet im stillen Kämmerlein sitzt. Wir hätten ein ganz falsches Bild von Maria Lenssen.

Eine Managerin des 19. Jahrhunderts mit sozialem Engagement – so würden wir ihr nach heutigen Maßstäben gerecht werden. Ihren ersten Schritt in die Öffentlichkeit machte die Tochter eines wohlhabenden Textilfabrikanten, als sie 1870 die „Private Fortbildungsschule in weiblichen Handarbeiten“ gründete. Eine Frau eröffnete eine Schule für Frauen – das war im 19. Jahrhundert außergewöhnlich. Mindestens genauso außergewöhnlich war es, dass Frauen überhaupt eine berufliche Ausbildung erhielten. Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten, denn Fabrikarbeiterinnen lernten in dieser Schule mit den so genannten höheren Töchtern gemeinsam.

Und Maria Lenssens Konzept hatte Erfolg. Bestand ihre Schule zunächst aus einem einzigen Raum, so bezog sie zehn Jahre später ein eigenes Gebäude in der Luisenstraße, der heutigen Peltzerstraße. Als die Schule für einen privaten Betrieb zu groß wurde, sorgte sie durch ihre Verbindungen dafür, dass daraus die „Königliche Handels- und Gewerbeschule für Mädchen in Rheydt, verbunden mit Pensionat, Haushaltungsschule und Lehrerinnenbildungsanstalt“ wurde. Heute ist der Name kürzer und dafür das Angebot größer: Maria-Lenssen-Berufskolleg.

Ihren rheinischen Landsleuten bedeutete sie schon zu Lebzeiten viel. Die Rheydter ernannten sie zur Ehrenbürgerin der Stadt. Außerdem erhielt Maria Lenssen das preußische Verdienstkreuz für Frauen. Neben der Bezeichnung des Berufskollegs erinnert auch eine Bronzetafel des Bildhauers Walter Kniebe in der Brucknerstraße an ihr Lebenswerk. Was war ihr Erfolgsgeheimnis? Sie hatte zum richtigen Zeitpunkt eine gute Idee. Es gelang ihr, dafür viele Freunde und Förderer zu gewinnen und diese Kräfte entsprechend zu bündeln. Fähigkeiten, die auch heute noch über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Ihre Leistungen sprechen für sich. Im Mönchengladbacher Maria-Lenssen-Berufskolleg hat ihr Lebenswerk heute noch Bestand.