Der Jülich-Klevische Erbfolgestreit (1609-1614)

 

Der Jülich-Klevische Erbfolgestreit ist nur vor dem Hintergrund der konfessionellen Auseinandersetzungen der Zeit zu verstehen. Schon beim „Kölnischen Krieg“ (1583-85) spielte die Frage eine entscheidende Rolle, ob eines der geistliche Kurfürstentümer am Schnittpunkt der wichtigsten Handelswege protestantisch werden sollte. Im ganzen Reich entstand im 16. Und 17. Jahrhundert eine brisante Lage durch die rivalisierenden Konfessionsparteien. Auch wenn es zu Anfang des 17. Jahrhunderts im westlichen Europa etwas ruhiger zuging – Holland und Spanien versuchten miteinander auszukommen, Frankreich erholte sich gerade von den Religionskriegen -, so brodelte es doch unter der Oberfläche.

Herzog Wilhelm der Reiche von Kleve-Berg (1516-1592) litt seit einem Schlaganfall 1566 an Geistesschwäche, sein erster Sohn starb 1575, so dass sein zweiter Sohn, Johann Wilhelm I. (1562-1609), seine Nachfolge antreten musste.

 

 

 

Johann Wilhelm, der zweite Sohn Wilhelms des Reichen; er hinterließ dem Land keinen Thronfolger

 

Dem Wunsch Kaiser Rudolfs II., des spanischen Königs Philipp II. und des Papstes entsprechend, heiratete Johann Wilhelm 1585 die katholische Markgräfin Jakobe von Baden in Düsseldorf.

 

 

Markgräfin Jakobe von Baden; von ihrem Onkel aufgezogen, musste sie als 31jährigen den geisteskranken Johann Wilhelm heiraten

 

 

 

Hatte man auf katholischer Seite die Hoffnung gehegt, die rheinischen Herzogtümer ohne weitere Konflikte halten zu können, so zerschlugen sich diese. Der alte Herzog verweigerte Johann Wilhelm die Mitregentschaft, welcher seit 1589 verfiel dieser immer mehr dem Verfolgungswahn, die Ehe mit Jakobe blieb kinderlos. Mit dem Tode Johann Wilhelms 1609 traten die Auseinandersetzungen um das Erbe in das Rampenlicht der internationalen Politik.

Die Nachfolgeregelung gestaltete sich äußerst kompliziert, und die Tatsache, daß die Bevölkerung der vereinigten Herzogtümer konfessionell gemischt war, machte die Angelegenheit besonders delikat. Denn auch das angrenzende Ausland hatte seine Vorstellungen. So wünschten sich die niederländischen Generalstaaten einen protestantischen Nachfolger, während die spanischen Niederlande natürlich für einen katholischen plädierten. Von den politisch stärksten Anwärtern schickten der Kurfürst von Brandenburg seinen Bruder, den Markgrafen Ernst, und der Pfalzgraf von Neuburg seinen Sohn, Wolfgang Wilhelm, 1609 mit Truppen in die rheinischen Herzogtümer, welche sie besetzten. Beide einigten sich auf eine gemeinsame provisorische Regierung und garantierten volle Bekenntnisfreiheit.

Darauf ließ der Kaiser Truppen nach Jülich einmarschieren, und die beiden „Possidierenden“ (so nannten sich die beiden Besatzer) suchten Verbündete, die sie in den Generalstaaten, England und Frankreich fanden. Durch den politischen Mord am französischen König Heinrich IV. im Jahr 1610 brach die anti-habsburgische Front zusammen, ein großer Krieg wurde gerade noch verhindert. Die Erbstreitigkeiten waren damit jedoch längst nicht beseitigt, denn nun brach der Streit zwischen den Possidierenden wieder auf, der erst wieder mit dem Teilungs-Vertrag von Xanten 1614 beigelegt werden konnte.

Das Ergebnis diese Vertrags war die Teilung der vereinigten Herzogtümer: das mittlerweile calvinistische Brandenburg erhielt Kleve, Mark und Ravensberg, das mittlerweile katholische Pfalz-Neuburg Jülich und Berg. Die religiösen Verflechtungen hatten die Auseinandersetzung sich zu einem internationalen Problem auswachsen lassen, am Ende war das mächtige Gebilde der Vereinigten Herzogtümer zerschlagen.