Die Klevisch-Jülichsche Hochzeit 

Herzog Wilhelm der Reiche, der seit 1566 unter den Folgen eines Schlaganfalles litt, durch welche er immer mehr der geistigen Umnachtung anheimfiel, hatte zwei Söhne. Sein Erstgeborener, Erbprinz Karl Friedrich, war 1575 auf einer Studienreise durch Italien in Rom 20-jährig an Pocken gestorben, so daß sein zweiter Sohn, Johann Wilhelm, der bereits eine geistliche Laufbahn eingeschlagen hatte und Administrator des Bistums Münster war, dieser Karriere entsagen mußte. Schon zu dieser Zeit, machten sich bei ihm erste Zeichen von Geisteskrankheit bemerkbar.

Wilhelm der Reiche (1516-1592), hier im Alter von 75 Jahren

 

Das Land, dessen Herrscher Johann Wilhelm einst werden sollte, war zum Ende des 16. Jahrhunderts arg gebeutelt. Der Gegensatz zwischen Katholiken und Reformierten, deren Verbreitung vor allem durch den Reformkatholizismus Wilhelms des Reichen zu Beginn seiner Regierungszeit begünstigt worden war, trat immer offener zutage, in der Stadt Düsseldorf herrschten zwischen 1577 und 1584 insgesamt vier Pestepidemien, die Umgebung der Stadt, vor allem die Städte Neuss, Heerdt, Gerresheim, Monheim und Ratingen, waren durch den Truchsessischen Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden.

Johann Wilhelm (1562-1609). Er hinterließ dem Land keinen Thronerben

 

In solch eine schwere Zeit fiel die Hochzeit des jungen Erbprinzen mit der vier Jahre älteren, katholischen Markgräfin Jakobe von Baden. Zustandegekommen war diese auf Intervention des Kaisers Rudolf II., des spanischen Königs Philipps II. und des Papstes. Die Eheschließung und die damit verbundene Hoffnung auf Nachkommenschaft, sollten verhindern, dass das katholische Kernland am Niederrhein nach dem Tode Johann Wilhelms an die protestantischen Töchter Wilhelms des Reichen fallen würde.

So wurde im Jahre 1585 die sogenannte „Klevisch-Jülichsche Hochzeit“ gefeiert. Für die herzogliche Regierung wurde Organisation und Bezahlung der Hochzeit zu einem wahren Kraftakt – Anleihen und Verpfändungen halfen, die Mittel aufzubringen. Das Schloß mußte instand gesetzt werden, Gasthäuser und Privatunterkünfte hergerichtet werden, ein Feuerwerk mußte geplant und organisiert werden, und Unmengen an Lebensmitteln mußten in die Stadt geschafft werden. Nach monatelangen Vorbereitungen konnte die Hochzeit stattfinden. Sie wurde zum wohl prunkvollsten Großereignis der Stadtgeschichte.

Fußturnier auf dem Marktplatz anlässlich der Hochzeit

 

Die Hochzeit dauerte über eine Woche, zahlreiche Festessen, Turniere, Zeremonien Bälle und Feuerwerke fanden statt: Neben zahlreichen Schaulustigen aus dem Umland wimmelte die Stadt von adeligen Gästen. Schätzungsweise 1677 Personen und 1519 Pferde waren die offiziellen Gäste. Unter ihnen befand sich auch der Schwiegersohn Wilhelms des Reichen, der Pfalzgraf Philipp Ludwig von Neuburg, dessen Sohn Wolfgang Wilhelm 1614 der Herr über Jülich und Berg werden sollte.

Die Ehe stand jedoch unter keinem guten Stern. Als Herzog Wilhelm 1592 starb, war sein Sohn bereits dem Verfolgungswahn verfallen, seine Ehe mit der Markgräfin blieb kinderlos. Die dadurch genährte Hoffnung ihrer Schwäger, des Herzogs Friedrich von Preußen, des Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Neuburg und des des Pfalzgrafen Johann von Zweibrücken, auf eine, durch ein kaiserliches Privileg von 1546 garantierte Regentschaft, sowie das Machtstreben der Räte am Hof, allen voran der Marschall von Waldenburg, genannt Schenkern, ließen die Herzogin in eine Ränkespiel von Intrigen geraten, aus dem sie nicht mehr herauskam. 1595 wurde sie wegen des Verdachts auf Ehebruch, der bis heute nicht bestätigt werden kann, verhaftet, und kam während ihrer Inhaftierung 1597 ums Leben. Nach neueren Erkenntnissen scheint ihr Tod ein gewaltsamer Tod gewesen zu sein. Die mysteriösen Umstände ihres Dahinscheidens bilden die Grundlage für die Sage um die „Weiße Frau“, die noch heute zu mitternächtlicher Stunde im Schlossturm ihr Unwesen treiben soll.

 

Ihre Ehe endete tragisch: Jakobe von Baden (1558 - 1597) wurde in ihrer Zelle am frühen Morgen des 3. September tot aufgefunden - vermutlich ermordet.

 

Auch die zweite Ehe Johann Wilhelms mit Antoinette von Lothringen blieb kinderlos, so dass nach dem Tode des Herzogs ein Streit um seine Besitzungen ausbrach, der „Jülich-Klevische Erbfolgestreit“.

Die Hochzeit war eine letzte Demonstration von Macht und Glorie des Herzoghauses, festgehalten wurde sie vom herzoglichen Landesschreiber Dietrich Graminäus in einem reich illustrierten Buch, das mit Kupferstichen von Franz Hogenberg 1597 in Köln erschien.